Aktuelles

Ergebnisse Life-Projekt „Farm4More“

Steinwidder Andreas, Priv. Doz. Dr.

Priv. Doz. Dr. Andreas Steinwidder

Leitung Forschung & Innovation

Sowohl der Klimawandel als auch der steigende Bedarf nach tierischen Lebensmitteln stellen bedeutende Herausforderungen für die Gesellschaft und die Landwirtschaft dar. Die Lebens- und Futtermittelproduktion ist auf globaler Ebene aber auch ein bedeutender „Treibhausgasfaktor“ und trägt durch den wachsenden Flächenbedarf für die Futtermittelbereitung auch zum „Verlust ökologisch wertvoller Flächen“ bei. Daher sind Innovationen zur Emissionsminderung, zur Effizienzsteigerung in der Lebensmittelversorgung und zur Verminderung des Verbrauchs wertvoller Flächen für die Tierfütterung von zentraler Bedeutung. Im europäischen LIFE-Projekt „farm4more“ (Laufzeit Juli 2019 bis Juni 2024) werden diese Herausforderungen, in einer länderübergreifenden Zusammenarbeit von Forschungsstellen, Universitäten, Firmen und Interessensgruppen entlang der Lebensmittel-Wertschöpfungskette bearbeitet. Der vorliegende Beitrag fasst die Ergebnisse von Versuchen an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein zusammen.

1. Alternative Proteinquelle für Monogastrier

Pilotstudien haben gezeigt, dass die Gewinnung von Aminosäuren bzw. Eiweißkonzentraten aus Feld- und Grünlandfutter (Kleegras, Luzerne etc.) sowie aus Meeres-Seegras ein bedeutendes Potenzial zur nachhaltigen Proteinversorgung der wachsenden Menschheit haben könnte. Im „farm4more Projekt“ wird die direkte Gewinnung von wertvollen Proteinbausteinen aus Kleegrassilage und Seegrassilage mittels Extraktion sowie Weiterverarbeitung des Silagesaftes untersucht. Die daraus gewonnenen Aminosäuren sollen der Fütterung von Hühnern und Schweinen dienen und damit den klimaschädlichen Proteinimportbedarf, den Ackerflächenbedarf für die Tierfütterung sowie den Druck auf ökologisch wertvolle Flächen reduzieren helfen. Darüber hinaus sollen aber auch, die beim Proteingewinnungsprozess anfallenden Nebenprodukte (z.B. Presskuchen aus Feldfutter), sinnvoll in der Fütterung von Wiederkäuern eingesetzt werden.

1.1 Erträge und Verluste sowie Futter- und Gärqualitäten aus der Bioraffinierung von Rotklee- und Rotklee-Grassilage

Die Bioraffinierung der Rotkleegrassilagen und der Rotkleesilagen bewirkte eine unterschiedliche stoffliche Übertragung in den Silage-Presssaft: Trockenmasse 26 bis 28 %; Rohprotein ca. 36 %; Rohasche 44 bis 46 %; Phosphor (P) 56-58 %; Gärprodukte 57-62 %.  Es zeigte sich, dass bei der Bioraffinierung besonderes Augenmerk auf eine rasche Konservierung oder Eindampfung des leicht verderblichen Pressaftes gelegt werden muss. Im Presskuchen veränderten sich die Nähr- und Mineralstoffgehalte gegenüber der Silage signifikant: 30 g weniger Rohprotein, 100 g mehr aNDFom/kg TM. Eine erneute Silierung des Presskuchens (Re-Silierung) funktionierte einwandfrei und lieferte stabile Silagen mit sehr guter Silagequalität.

1.2 Einsatz von Rotkleegrassilage-Presskuchen aus der Bioraffinierung in der Bio-Milchviehfütterung

Der eiweiß- und kaliumarme resilierte Presskuchen wies eine sehr gute Gärqualität auf. Unter den geprüften Versuchsbedingungen wurde bis zu einem Kleegrassilage-Presskuchenanteil von 25 % am Grundfutter (18,5 % der Gesamtfutterration) kein Rückgang der Futteraufnahme und Milchleistung festgestellt. Bei einer Einsatzmenge von 50 % am Grundfutter (37 % der Gesamtration) zeigte sich jedoch ein gesicherter Rückgang der Futteraufnahme und ging auch die Milchleistung nummerisch zurück. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei Presskuchenanteilen von etwa 20 % an der Gesamtration keine negativen Effelte auf die Futteraufnahme und Leistung zu erwarten sind. Bei darüber hinaus gehenden Einsatzmengen düften, unter grundfutterbetonten Rationen, die höheren Strukturkohlenhydratanteile und der Rückgang des Proteingehalts im Presskuchen futteraufnahme- und leistungebegrenzend wirken.

1.3 Prüfung des Silage-Presssaftkonzentrats unter biologischen Hühnermastbedingungen

In den vier Versuchsgruppen wurde der Silage-Presssaftanteil an der Gesamtration der Bio-Masthühner von 0 % (K), über 3 % (P-3) bzw. 6 % (P-6) auf 9 % (P-9) gesteigert.  Während des gesamten Versuchszeitraums nahmen die Masthühner im Mittel 42 g pro Tag zu, was für Bio-Bedingungen auf ein hohes Produktionsniveau hinweist. Die Ausfälle waren sehr gering und es wurden keine signifikanten Gruppenunterschiede festgestellt. Die Futteraufnahme stieg von Gruppe K bis P-9 signifikant an. Es wurde jedoch ein Rückgang bei der Wachstumsleistung von Gruppe K bis P-9 festgestellt. Daher war der Futteraufwand in der Gruppe P-9 signifikant höher als in der Kontrollgruppe. Die Fütterungsgruppen unterschieden sich in keinem der untersuchten Schlachtkörper-Qualitätsparameter signifikant. In allen Gruppen wurde eine gute Fleischqualität festgestellt. Der Gesamtfettgehalt im Brustmuskel stieg jedoch von Gruppe K bis Gruppe P-9 signifikant an. Dies deutet auf Unterschiede in der Nährstoffversorgung bzw. Verwertung hin. Möglicherweise könnte eine teilweise Entmineralisierung (hohe Kalium- und Aschegehalte im Presssaft) und auch Reduzierung des Säuregehalts, oder eine Extraktion von Aminosäuren aus dem Presssaft, zu höheren möglichen Einmischraten, ohne Leistungsrückgang, beitragen.

2. Bio-Kohle in der Fütterung

Durch die gezielte Nutzung von Kohle wurden in Hochkulturen schon vor Jahrtausenden fruchtbare landwirtschaftliche Böden aufgebaut. Die Erzeugung von Kohle und deren Einbringung in den Boden kann auch zur C-Sequestrierung beitragen. In Fachbeiträgen und in wissenschaftlichen Arbeiten wird darüber hinaus auch über mögliche positive Wirkungen von Futterkohle in der Tierernährung (Emissionsminderung bzw. Leistungssteigerungen) berichtet. Im Rahmen des LIFE-Projekt „farm4more“ wurden von der HBLFA Raumberg-Gumpenstein dazu zwei Versuche angelegt.

2.1 Prüfung des Potenzials von Futterkohle (Biochar) zur Reduktion der Methanemissionen in der Milchviehhaltung

Die Zufütterung von Biokohle (BK) bzw. Biokohle und Harnstoff (BK+HS) hatte im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe keinen signifikanten Einfluss auf die Trockenmasse- und Energieaufnahme. Auch in der Milchleistung und der Milchzusammensetzung wurden keine Unterschiede festgestellt. Die Futterverwertung, die Verdaulichkeit der Ration und die Methanproduktion wurden durch die Ergänzung der Futterzusätze nicht beeinflusst. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Ergänzung von Biokohle in Milchviehrationen die Methanemissionen nicht reduzierte, jedoch auch keine negativen Auswirkungen auf die Leistung der Milchkühe hatte.

2.2 Wirkung von Futterkohle (Biochar) auf Leistung und Emissionen in der Hühnermast

Die Fütterungsgruppen (ohne bzw. mit Futterkohle) unterschieden sich in keinem der Mastparameter signifikant. Die individuell erfassten Schlachtkörpergewichte aller geschlachteten Tiere waren in der Kontrollgruppe tendenziell höher und sowohl das Brustgewicht, als auch der Brustanteil am Schlachtkörper waren in der Biokohle-Gruppe signifikant niedriger. Es wurden keine signifikanten Gruppenunterschiede bei den NH3-Emissionen festgestellt. Zahlenmäßig waren die Emissionen in der Biokohle-Gruppe leicht höher, obwohl der Proteingehalt im Futter geringer war. Auch bei den N2O- und CH4-Emissionen wurden keine signifikanten Effekte gemessen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Ergänzung von Biokohle die Emissionen nicht signifikant reduzierte.

3. Forschung die weiter geht

Von den Projektpartnern wird derzeit in Niederösterreich eine Demonstrationsanlage zur Verabeitung von Gras/Kee/Luzernesilagen errichtet. Im Fokus steht ebenso die Weiterverarbeitung der Extrakte zu marktfähigen produkten. Aufbauend auf die vorliegenden Versuchsergebnisse erfolt die Optimierung der Prozesstechnik der gesamten Verarbeitungskette. Aktivitäten zur Markterschließung erster Produkte werden im Jahr 2024 beginnen.

Hinsichtlich der Erzeugung von BioKohle aus Holz bzw. landwirtschaftlichen Reststoffen wird im Projekt an der Errichtung einer mobilen und zertifizierten Prototypenanlage gearbeitet. Die anfallende Kohle wird derzeit zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft und auch im Städtebau (Stadtbaumsubstrate zur Wurzellenkung und Nährstoff- und Wasserspewicherung) verwendet.

Link zum EU Life-Projekt Farm4More: https://www.farm4more.ie/

Abschlussbericht:

Danksagung

Die Autoren bedanken sich für die finanzielle Beteiligung der Europäischen Union zum Life-Projekt „LIFE Farm4More - Future Agricultural Management for multiple outputs on climate and rural development“ mit der Projektnummer LIFE 18 CCM /IE/001195 Farm4More. Weitere Infos zum Projekt über www.farm4more.eu

        

Projektteam HBLFA Raumberg-Gumpenstein:

Andreas Steinwidder, Manuel Winter, Reinhard Resch, Georg Terler, Michael Kropsch, Rita Gastenauer, Renate Mayer, Eduard Zentner

Externe Projektpartner – Versuche HBLFA:

Michael Mandl1; Ernst Holler2; Joseph B. Sweeny3, Kevin McDonnel3

1 tbw research GesmbH, Grünberstr. 15, A-1120 Wien

2 Biochar-Nergy GmbH, Gabersdorf 11, A-8424 Gabersdorf

3 UCD School of Biosystems and Food Engineering, Room 303 Agriculture & Food Science Centre Belfield, Dublin 4, Ireland

Bild 1: Aus Kleegras wurde Protein für Masthühner gewonnen (Foto: HBLFA Raumberg/Gumpenstein)

Bild 2: Kleinpressanlage zur Silagesaftgewinnung – derzeit wird eine größere Anlage in Niederösterreuch errichtet (Foto: HBLFA Raumberg/Gumpenstein)

Bild 3: In unserer Respirationskammer wurden die Methanemissionen bei Futterkohleeinsatz geprüft (Foto: HBLFA Raumberg/Gumpenstein)

 HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Team

Winter Manuel, DI

DI Manuel Winter

Wissenschaftliche Projektmitarbeiter
Resch Reinhard, Ing.

Ing. Reinhard Resch

Leitung Abteilung Analytik und Futterbewertung
Terler Georg, Dr.

Dr. Georg Terler

Milchproduktion und Tierernährung
Kropsch Michael

Michael Kropsch

Emissionen aus der Tierhaltung
Mayer Renate, DI

DI Renate Mayer

Akquisition
Zentner Eduard, Ing., Abteilungsleitung

Ing. Eduard Zentner

Tierhaltungssysteme, Technik und Emissionen

 

Innovative Landbewirtschaftung zur Minderung der Emissionen und Förderung der ländlichen Entwicklung - EU-LIFE Projektteil der HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Steinwidder Andreas (2019 - 2023)
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