In Österreich hat die Mutterkuhhaltung in den letzten Jahrzehnten, vor allem im Berggebiet und dort überwiegend auf den Nebenerwerbsbetrieben, als extensive Form der Rinderhaltung an Bedeutung gewonnen. Sie trägt in diesen Gebieten nicht unwesentlich zur Offenhaltung der Kulturlandschaft bei. Zudem entspricht die Fleischproduktion in der Mutterkuhhaltung in großem Ausmaß den steigenden Erwartungen der Konsumenten hinsichtlich naturnaher und tiergerechter Lebensmittelerzeugung. In der Mutterkuhhaltung stellen – insbesondere nach dem Wegfall der „Mutterkuhprämie“ – die aufgezogenen Kälber die Haupteinnahmequelle dar und sind daher entscheidend für die Wirtschaftlichkeit des Systems. Ziel muss es sein, jedes Jahr ein vitales, gut entwickeltes Kalb, das gute Zunahmen und ausgezeichnete Masteigenschaften aufweist, von der Mutterkuh absetzen zu können. Dabei spielt die Milchleistung der Kuh eine zentrale Rolle. Je mehr Milch dem Kalb zur Verfügung steht, desto schneller kann es wachsen.
Mutterkühe werden allerdings oft auf besonders extensiv bewirtschafteten Flächen (Extensivgrünland im Berggebiet auf Almen und Hochalmen oder Naturschutzflächen) gehalten. Die Futterqualität beeinflusst aber ganz entscheidend die Futter- und Nährstoffaufnahme und damit die Körperkondition. Unter- aber auch Überversorgungen wirken sich nicht nur auf die Milchleistung und damit auf die Kälberentwicklung, sondern vor allem auch auf die Tiergesundheit und Fruchtbarkeit aus. Eine mäßige Grundfutterqualität führt bei Mutterkühen in der Säugeperiode zu einer deutlichen und lange andauernden Nährstoffunterversorgung und entsprechender Abnahme der Körperkondition. Die Körperkondition bei der Abkalbung beeinflusst aber einen erneuten Zyklus bzw. eine erneute Trächtigkeit am stärksten. Nur bei einem an die Futterqualität angepassten Absetztermin (je schlechter das Futter desto früher) können die Körperreserven bis zur neuerlichen Abkalbung wieder aufgefüllt werden, damit keine negative Beeinflussung der Tiergesundheit und Fruchtbarkeit hervorgerufen wird.
Die Auswirkungen von unterschiedlichen Absetzterminen (180 bzw. 270 Tage) auf extensiv gefütterte Mutterkühe der Rasse Fleckvieh stand daher im Mittelpunkt eines Forschungs-projektes an der Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein.
Wie und was wurde untersucht
In der vorliegenden Arbeit standen die Effekte des Absetztermins auf Milchleistung, Futteraufnahme und Nährstoffversorgung, Lebendmasseentwicklung sowie Tiergesundheit und Fruchtbarkeit im Mittelpunkt. Die Fütterung der Kühe erfolgte ausschließlich mit spät geerntetem Grundfutter. Der Versuch erstreckte sich über 3 vollständige Säuge- und 2 Trockenstehperioden. Neben der täglichen Futteraufnahme wurden einmal pro Woche sowohl die Milchleistung als auch das Körpergewicht der Kühe erhoben. Zusätzlich wurde einmal pro Monat die Körperkondition der Tiere beurteilt. Sämtliche Beobachtungen bzw. Behandlungen wurden notiert und die Versorgung der Tiere mittels Blutabnahme und Bestimmung der wichtigsten Blutparameter überprüft. Die Auswertung der Versuchsdaten erfolgte im Rahmen einer Masterarbeit an der Universität für Bodenkultur (HÖRMANN, 2013).
Ergebnisse
Die durchschnittliche Laktationsleistung betrug bei einer Säugedauer von 180 Tagen 2.250 kg (2.053 kg ECM = energiekorrigierte Milch) und bei einer Säugedauer von 270 Tagen 3.270 kg (2.858 kg ECM). Dieser Unterschied war bedingt durch die unterschiedliche Laktationsdauer signifikant. Die durchschnittlichen Tagesmilchmengen lagen bei 12,4 kg bzw. 11,9 kg Milch und die Fett- bzw. Eiweißgehalte bei 3,45% bzw. 3,16% und 3,10% bzw. 3,03%.
In der Säugezeit nahmen die Kühe täglich durchschnittlich 13,7 kg bzw. 14,4 kg und in der Trockenstehphase 13,3 kg bzw. 12,9 kg Trockenmasse (TM) auf. Mit steigender Laktationszahl erhöhte sich die tägliche Futteraufnahme von 13,5 kg über 13,8 kg auf 14,9 kg TM signifikant. Auch die in der Zwischenkalbezeit aufgenommenen Futtermengen unterschieden sich signifikant zwischen den beiden Gruppen.
Die Mutterkühe der Gruppe 2 wiesen in der 2. Laktation niedrigere Lebendmassen und Körperkonditionsbeurteilungen auf. Dies führte zu signifikant verschlechterten Fruchtbarkeitsdaten und einer verlängerten Zwischenkalbezeit, wodurch sich der Futterbedarf erhöhte.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
• Die Milchleistung von Fleckviehmutterkühen liegt im Vergleich zu anderen Mutterkuhrassen auf einem hohen Niveau. Das bringt für die Entwicklung des Kalbes Vorteile, erhöht aber andererseits, vor allem in der Säugezeit, die Anforderungen an die Ration.
• Die Milchleistung ist auch bei mäßiger Grundfutterqualität zufriedenstellend, allerdings können geringere Milchinhaltsstoffgehalte auftreten und es kann zu negativen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit kommen.
• Besonders in den ersten Monaten der Säugezeit sollten daher die Kühe Grundfutter guter Qualität erhalten, damit sie hohe Milchleistungen mit guten Milchinhaltsstoffen bringen, nicht zu sehr an Körpersubstanz verlieren und rasch wieder trächtig werden.
• Um den unterschiedlichen Anforderungen bezüglich Nährstoffaufnahme und Energiedichte gerecht zu werden, hat zumindest eine Trennung zwischen säugenden und trockenstehenden Kühen zu erfolgen.
• Zur Beurteilung der Fütterungs- bzw. Haltungsbedingungen muss regelmäßig eine Beurteilung der Körperkondition (BCS) oder eine Wiegung der Tiere durchgeführt werden.
• Eine Verfettung der Mutterkühe kann Komplikationen bei der Geburt hervorrufen und führt zu höheren Milchleistungen am Beginn der Säugezeit, was wiederum zu verstärkter Körperfettmobilisation und damit zu einer stärkeren Stoffwechselbelastung führt. Beides wirkt sich wiederum negativ auf die Fruchtbarkeit aus.
• Eine zu niedrige Körperkondition zum Zeitpunkt der Abkalbung führt zu einer niedrigeren ECM-Leistung (niedrigere Milchinhaltsstoffe) und wirkt sich ebenso wie eine Verfettung negativ auf die Fruchtbarkeit und damit die Zwischenkalbezeit aus.
• Der Absetztermin muss der Qualität des Grundfutters angepasst werden. Je schlechter die Futterqualität ist und je weniger Futter zur Verfügung steht, desto früher müssen die Kälber von den Kühen getrennt werden.