Hintergrundinformation bisheriger Untersuchungen 2017-19
In dem drei Jahre andauernden Projekt REGRASS wurde der Beitrag von neu angelegten ökologischen Ausgleichsflächen für die Förderung der Biodiversität von Nützlingen und Ökosystemleistungen in der Agrarlandschaft untersucht. Dazu wurden blütenreiche Wiesen (in Form von 10 m breiten Graslandstreifen) inmitten von landwirtschaftlich bewirtschafteten Äckern angelegt und von Vertragsbauern als Wiesen bewirtschaftet. Die bisherige Projketphase umfasst die frühe Besiedelungsgeschichte von neu angelegten Wiesen durch Nutzinsekten. Hierbei wurden die Biodiversität und Häufigkeit von Spinnen, Laufkäfern und Ameisen, die wichtige Beiträge zur Reduktion von Schädlingen leisten, sowie wichtiger Bestäuber wie Wildbienen, Honigbiene, Hummeln und Schwebfliegen untersucht. Zusätzlich erfolgten Untersuchungen zu Schmetterlingen, Heuschrecken, Zikaden, Wanzen und Niederwild. Parallel zu den organismischen Erhebungen wurden Experimente zur Effektivität der Ökosytemdienstleistungen biologische Schädlingskontrolle und Bestäubung durchgeführt. Gleichzeitig wurde die Entwicklung des Pflanzenaufwuchses durch Experten der HBLFA Raumberg-Gumpenstein beobachtet. Tiere, Pflanzen und Ökosystemdienstleistungen wurden in den neu angelegten Wiesen, alten etablierten Wienerwaldwiesen und in angrenzendem Wintergetreide untersucht. Zusätzlich wurden Tierzahlen zwischen neuen und alten Wiesen sowie sogenannten Biodiversitätsflächen (geförderte ÖPUL-Flächen) verglichen. Die Einzigartikeit des Projektes REGRASS liegt in der parallellen, kontrolliert experimentellen Untersuchung von sehr vielen Organismengruppen und Ökosystemdienstleistungen. Die Ergebnisse des Projektes geben Aufschluß über die initiale Besiedlungsgeschwindikeit und somit über die Effektivität von neu angelegeten Wiesen als ökologische Ausgleichsflächen. Die bisherigen Felduntersuchungen fanden von 2017-19 im Gebiet der Wienerwaldgemeinde Sieghartskirchen statt und beschreiben die erst Zeit der Entwicklung. Das Projekt wird nun in Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der Universät für Bodenkultur, Universität Wien und der HBLFA Raumberg- Gumpenstein mit ansässigen Bauern in einer Langzeitstudie von 2021 bis 2023 weitergeführt.
Ergebnisse 2017-19
Mithilfe einer regional angepassten Saatgutmischung konnten auf allen Versuchsflächen artenreiche, extensive Wiesenstreifen etabliert werden, die im dritten Erhebungsjahr durchschnittlich 25 Arten von Blütenpflanzen aus 10 unterschiedlichen Pflanzenfamilien aufwiesen (Foto 1). Bisherige Ergebnisse zeigen, dass bestäubende Insekten diese neu angelegten Wiesen sehr schnell als Futterhabitat akzeptieren und aus der umgebenden Landschaft einfliegen. Dabei wurden teilweise sehr hohe Individuen- und auch Artenzahlen in den neu angelegten Wiesen beobachtet. Abbildung 1 zeigt diese hohen Zahlen an bestäubenden Insekten in den neuen Wiesen im Vergleich zu den alten Wiesen und den ÖPUL-Flächen. Die Ergebnisse zeigen, dass zur Förderung eines breiten Spektrums an Blütenbestäubern auch das Vorhandensein eines entsprechend breiten Angebots an Blütenpflanzen aus unterschiedlichen Pflanzenfamilien notwendig ist.
Im Vergleich zu Bestäubern erfolgte die Besiedelung durch räuberische Insekten viel langsamer. Zwar stieg die Arten- und Individuenzahl auch in diesen Gruppen schnell an, aber auch nach drei Jahren ist die Artengemeinschaft an Spinnen, Laufkäfern und Ameisen im Wesentlichen immer noch die eines Ackers. Obwohl artspezifische Unterschiede feststellbar sind fungieren die neu angelegten Wiesen für räuberische Insekten bisher noch kaum als Ausgleichsfläche in dem Sinn, dass Arten von den neuen Wiesen ins angrenzende Getreide eingewandert sind. Allerdings zeigten die Spinnen innerhalb der drei Jahre eine verheissungsvolle Verteilungsänderung. Waren die Artengemeinschaften der neuen Wiesen im ersten Jahr noch sehr ähnlich jenen im Getreide, entwickelten sie sich in den Jahren 2 und 3 vom Getreide weg in Richtung alte Wiesen, was einen Artenaustausch zwischen alten und neuen Wiesen anzeigt (Abbildung 2). Ausgehend von sehr hohen Individuenzahlen in den neu angelegten Wiesen,
Ausblick auf das Projekt REGRASS II, 2021-23
Wie lange der Prozess der Besiedelung durch Wiesenarten dauert und ab wann eine Ausgleichsfläche effektiv als neues Habitat funktioniert ist bisher kaum bekannt. Ebenso ist nicht bekannt, ab wann derartige Ausgleichsflächen einen messbaren Effekt auf die Ökosytemleistungen haben. Diese Studie ist ein umfassender Test über das ökologische Restaurationspotential von Agrarlandschaften. Über einen längeren Zeitraum durchgeführt können die Ergebnisse Aufschluss darüber geben, wie schnell und nachhaltig die Biodiversität in einer Agrarlandschaft stabilisiert oder erhöht werden kann. Die Ergebnisse des Projekts werden auch Daten über die Ausbreitungspotentiale und -geschwindigkeiten von Insekten liefern und so einen Rückschluß über deren Klimawandelanpassungsfähigkeit erlauben. Die Klärung der oben genannten Themen wird einen wesentlichen Beitrag zur künftigen Gestaltung von Agrarumweltmaßnahmen leisten und kann eine fundierte Argumentationsgrundlage für künftige ÖPUL-Maßnahmen und deren optimale Dauer liefern!
Grafik
Abbildung 1. Individuenzahl von Wildbienen (links), Hummeln (Mitte) und Schwebfliegen (rechts) in alten Wiesen (OG), neu angelegten Wiesen (NG) und ÖPUL-Flächen (SG). Unterschiedliche Buchstaben zeigen signifikante Unterschiede zwischen den Habitattypen an.
Abbildung 2. Ähnlichkeit der Artengemeinschaften von Spinnen in alten Wiesen (OG=gelb), neu angelegten Wiesen (NG=grün), Wintergetreide nah (CN=blau) und fern (CF=rot) von NG in den Jahren 2017-2019.Projektpartner
Projektpartner
Univ. Prof. Mag. Dr. Thomas Frank
Institut für Zoologie, Universität für Bodenkultur Wien
Dr. Dietmar Moser
Department für Botanik und Biodiversitätsforschung , Universität Wien