Ziel
Neben der Bedienerfreundlichkeit soll vor allem die Tiergerechtheit des Systems untersucht werden. Dazu werden Parameter erhoben, die geeignet sind, die Gesundheit und das Wohlbefinden des Tieres ausreichend zu beurteilen. So werden neben der Messung der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit im Iglu auch die innere Körper- und die Oberflächentemperatur, sowie die Herz- und Atemfrequenz der Kälber gemessen. Da zwischen den einzelnen Hütten doch erhebliche bauliche Abweichungen vorliegen, werden insgesamt fünf verschiedene Fabrikate getestet. Neben der Beurteilung der Gesundheit, des Verhaltens der Zuchtkälber und der Bedienerfreundlichkeit wird auch auf die Qualität der Ausführung der verschiedenen Hütten und selbstverständlich auch auf das Preis/Leistungsverhältnis ein besonderes Augenmerk gelegt. Die Ergebnisse der Untersuchung geben Rückschluss auf die Tiergerechtheit des Systems bzw. der einzelnen Hütten und können in weiterer Folge als Diskussionsgrundlage verwendet werden. Nachdem sie aber auch umgehend veröffentlicht werden, stehen sie den Landwirten als wertvolle Entscheidungshilfe bei der Planung und eventuellen Neugestaltung des Stalles, insbesondere des Kälberbereichs, zur Verfügung.
Einführung
Ab 2006 wird die Einhaltung der Vorschriften zur Kälberhaltung im Zuge der Kontrolle der Cross-Compliance-Bestimmungen von den AMA-Kontrollorganen überprüft. Geprüft werden dabei neben dem Verbot der Anbindehaltung und einer verpflichtenden Gruppenhaltung ab 8 Wochen auch das Stallklima und die Lichtverhältnisse. Eine Nichterfüllung dieser Vorschriften hat Prämienkürzungen und im Extremfall den Verlust von Förderungen zur Folge. Viele Landwirte sind aus diesem Grund gezwungen, für die Kälberaufzucht die Ställe neu zu adaptieren oder sich um andere Alternativen umzusehen.
Die einfachste Möglichkeit diese Forderung zu erfüllen, ist die Haltung der Kälber in Kälberiglus. Gerade für kleine Bestände oder wenn keine Baumaßnahmen durchgeführt werden können, hat sich diese Haltungsform sehr bewährt. Unter einem Kälberiglu versteht man eine Schutzhütte für Kälber, die aber auch für Fohlen und andere Tiere vergleichbarer Größe eingesetzt werden kann. Sie besteht meist aus glasfaserverstärktem Kunststoff, und ist nach unten zum Boden und zu einer Seite geöffnet. An der geöffneten Seite ist ein Metallgitter angebracht, das den Auslauf begrenzt. Der Boden des Kälberiglus wird mit Stroh eingestreut. Meist werden diese Iglus außen unter den Dachvorsprung oder unter ein Flugdach gestellt, sie können aber auch völlig im Freien stehen. Die Kälber haben somit rund um die Uhr die besten Luft- und Lichtverhältnisse. Sie können draußen sein, wann immer sie wollen und sind trotzdem nicht kaltem Wind und anderen Witterungseinflüssen ausgesetzt. Wenn es ihnen zu windig/sonnig/regnerisch/... ist, können sie sich in das Iglu zurückziehen. Um diesen Schutzeffekt zu erreichen, darf die Öffnung des Kälberiglus nicht der Wetterseite zugewandt sein.
Die Kälber werden unmittelbar nach der Geburt, spätestens aber nachdem ihr Fell abgetrocknet ist, in die Hütten gebracht und können dort bis zur 8. Lebenswoche in Einzelhaltung gehalten werden. Die Hütten sollten so aufgestellt werden, dass die Kälber zumindest Blickkontakt haben. Vor allem bei gesundheitlichen Problemen im Stall hat sich die Kälberhaltung mit Außenklimabedingungen gut bewehrt. Voraussetzung dafür ist allerdings eine ausreichende Reinigung bzw. Desinfektion vor jeder Neubelegung sowie eine ausreichend dicke Strohmatratze als Isolierung zum Untergrund und eine gute Betreuungsintensität von Seiten des Landwirts.
Iglus sind demzufolge ein optimales Haltungssystem für Kälber. So stellen beispielsweise FRERKING et al. (1975), SCHULZE HOCKENBECK (1980), HANCOCK (1983) und SVENSSON et al. (2003) fest, dass Durchfallerkrankungen bei in Gruppe gehaltenen Kälbern schwerer verlaufen als in Einzelboxen. Ideal sei es, Kälber in einem Bereich zu halten, in dem sie keinen Kontakt zu älteren Artgenossen haben (FINK, 1980; SCHULZE HOCKENBECK, 1980; RADEMACHER, 2000). FRERKING et al. (1975), RADEMACHER (2000) und BIEWER (2001) behaupten, dass die Einzelbox und das Kälberiglu die geeigneten Aufstallungsformen für die ersten Lebenswochen sind, wobei das Iglu noch besser als die Einzelbox sei. Die frische Luft, ausreichend Licht und stärkere Umweltreize tragen erheblich zur Gesundheit, Vitalität und zum Wohlbefinden der Kälber bei.
Demgegenüber steht vielfach der Tierschutz, der der Haltung von Kälbern in Kälberiglus sehr skeptisch gegenüber steht. Es wird behauptet, dass das Verbot der Einzelstandhaltung umgangen werde und es wird auch übersehen, dass größere Kälber in Gruppeniglus gehalten werden. Es sei unerträglich, dass auch in biologischer Landwirtschaft Tiere in Einzelhaltung noch eine Extra-BIO-Tierquälerei bei extremer Kälte oder Hitze in "Freilandhaltung" über sich ergehen lassen müssten (Dr. Friedrich Landa, Tierschutz- Dachverband).
Versuchsplan
Nachdem die Erzeugerfirmen behaupten, dass sich die Hütten im Sommer kaum aufheizen und zudem in Österreich meist nur die Prüfergebnisse der einzelnen Firmen verfügbar sind, wird am LFZ Raumberg - Gumpenstein über einen Zeitraum von ca. 3 Monaten (Juni - August 2007) gemeinsam mit der Fachzeitschrift „Der fortschrittliche Landwirt" eine Vergleichsuntersuchung über die Hitzetauglichkeit von Kälbereinzelhütten (Kälberiglus) durchgeführt.
Zu diesem Zweck werden die Hütten der diversen Firmen parallel zueinander, jeweils nach Norden ausgerichtet, aufgestellt werden. Der Aufstellungsplatz befindet sich im Freien und ist weder windgeschützt noch beschattet.
Die Kälber kommen unmittelbar nach der Geburt in diese Iglus und bleiben dort bis zur Vollendung der 5. Lebenswoche (35. Lebenstag). Danach kommen die Kälber zu den übrigen Tieren in die Gruppenhaltung. Anschließend wird jeder Iglu gesäubert und desinfiziert und noch einmal belegt. Nach der 2. Periode über wiederum 5 Wochen, wird über einen Zeitraum von 2 Wochen ein Wahlversuch durchgeführt. Zu diesem Zweck werden die Zäune vor den Iglus verbunden, so dass ein gemeinsamer Auslauf für alle Hütten entsteht. Danach wird diese Einheit mit zwei neuen Kälbern belegt und das Liegeverhalten der beiden Tiere mittels Video aufgezeichnet und ausgewertet.
Um einen Fütterungseinfluss zu verhindern, werden alle Kälber standardisiert gefüttert, d. h. alle Kälber erhalten exakt die gleiche Futtermenge.
Fütterungsplan
Woche |
Vollmilch kg / Tag |
Kraftfutter kg / Tag |
Heu kg / Tag |
1 2 3 4 5 |
Biestmilch 4 - 5 6 7 7 8 |
- 0,125 0,25 0,375 0,5 |
- Freie Aufnahme " " " |
Zusätzlich wird ab der 1. Lebenswoche sauberes Trinkwasser angeboten.
Folgende Parameter werden untersucht:
- Optische Beurteilung und technische Verarbeitung (Erfassen der Abmessungen)
- Bedienerfreundlichkeit: bei Füttern, Tränken, Entmisten (Stall und Auslauf), Umstallen und Reinigen; Erfassung des Zeitaufwandes für Fütterung und Reinigung, Erhebung des individuellen Strohbedarfs;
- Futteraufnahmeerhebungen: Tränke- und Kraftfuttermenge ist rationiert (alle Tiere gleich); Heu und Wasser wird zur freien Aufnahme angeboten;
- Wiegungen und Aufzeichnungen: Tiergewichte wöchentlich; Kotkonsistenz täglich; innere Körpertemperatur 2 x pro Tag (7:00 und 16:00 Uhr); sämtliche Auffälligkeiten und Erkrankungen incl. Behandlungen;
- Tiergesundheitliche Parameter und Tierverhalten:
Pulsfrequenz (Art. coccxgea med), Innere Körpertemperatur, Oberflächentemperatur (Infrarot-Thermometer), Atemfrequenz, Thermographie (Thermalbildkamera), Zunahmen, Trink- und Fressverhalten (Videobeobachtung)
Frequenz der Erhebungen im 2 Stundenintervall ab 6:00 morgens
Termine - Uhrzeit: 6:00
8:00
10:00
12:00
14:00
16:00
18:00