Bio-Landwirtschaft & Nutztierbiodiversität

Worin liegt die Bedeutung der Frühjahrsweide?

Neben dem Pflanzenbestand stellt die Weidepflege einen wichtigen Faktor dar. Ein entscheidender Grundsatz ist ein früher Weidebeginn. Mit dem Weiden wird zum Zeitpunkt des Spitzens der Gräser begonnen. Das Futter ist erst wenige cm hoch und die Beweidung erfolgt über eine große Fläche (2-3 Kühe je ha). Dabei ist nur zu berücksichtigen, dass die Tragfähigkeit des Bodens gegeben ist und somit keine Narbenschäden verursacht werden. Die Frühjahrsweide hat mehrere positive Effekte auf den Pflanzenbestand.Die Klauen der Rinder werden auf den Grünlandflächen meistens in Verbindung mit Trittschäden gebracht. Dies muss nicht immer der Fall sein. Die Klaue des Rindes kann sogar sehr positiv auf den Pflanzenbestand wirken. Doldenblütige Gewächse wie der Wiesenkerbel oder der Wiesenbärenklau reagieren sehr empfindlich auf eine Beweidung. Wird auf einer Fläche regelmäßig geweidet verschwinden diese Pflanzen. Nicht nur Kräuter können empfindlich auf den Tritt reagieren sondern auch manche Gräser. So wird durch den Weidetritt die Gemeine Rispe zurückgedrängt. Dieses unerwünschte Gras besitzt oberirdische Ausläufertriebe die beim Weidegang durch die Klauen zerteilt werden und dadurch eine Schwächung der Pflanze eintritt. Die hier beschriebenen Effekte sind besonders in der Zeit von Vegetationsbeginn bis zum ersten Schnitt sehr stark. Sie werden bis zum Herbst hin immer schwächer. Somit kann die Herbstweide nicht mit diesen Effekten mithalten. Im Regelfall werden bei der Herbstweide Schnittwiesen beweidet, die keine trittstabile Grasnarbe, wie auf Dauerweiden, aufweisen.Der Scharfe Hahnenfuß gilt als eine Pflanze die durch die Beweidung nicht zurück gedrängt werden kann. Da diese Pflanze Giftstoffe enthält wird sie von den Tieren gemieden. Dies trifft nur zu wenn die Tiere in hohen Beständen (ab 20 cm) zu weiden beginnen. Bestoßt man eine Fläche im zeitigen Frühling, beim Spitzen der Gräser, wird der sehr junge Scharfe Hahnenfuß mitgefressen. In diesem frühen Entwicklungsstadium der Pflanzen selektieren die Rinder nicht und fressen alles was sie auf der Fläche vorfinden. Wird den Kräutern in diesem Stadium die grüne Blattmasse ständig abgefressen gehen sie daran zu Grunde. Somit zeigt sich auch hier, dass es zu einem Zurückdrängen der Kräuter durch die Frühlingsbeweidung kommt. Dieser Effekt tritt jedoch nicht bei einer einmaligen Beweidung auf sondern muss über mehrere Jahre wiederholt werden. Grünlandbestände reagieren in der Regel verzögert auf eine Änderung in der Nutzung.Die Kombination aus Viehtritt und ständigem abweiden der Pflanzen fördert die Bildung von Seitentrieben und ist damit hauptverantwortlich für eine dichte Grasnarbe. Gerade das Wiesenrispengras, das Englische Raygras und der Weißklee werden durch das ständige abweiden zur Triebbildung angeregt.

Wirkung von einmal täglicher Melkung und Kraftfutter rund um die Geburt auf die Energiebilanz von Kühen

In der Fütterung von Milchkühen muss der Energiebedarf der Tiere bestmöglich gedeckt werden. Die Körpersubstanz stellt dabei einen gewissen „Nährstoffpuffer“ dar. Bei energetischer Unterversorgung können Nährstoffreserven zur Energiebedarfsdeckung für die Milchbildung herangezogen werden. Jedoch verringert eine langfristige oder deutliche energetische Unter­versorgung nicht nur die Milchleistung der Kühe, sondern belastet vor allem deren Stoffwechsel und Gesundheit. Stark unterversorgte Kühe sind anfälliger für Entzündungen und zeigen schlechtere Fruchtbarkeitsergebnisse. Speziell zu Laktationsbeginn steigt die Milchleistung schneller als die Futteraufnahme. Je nach Kuhtyp und Fütterung  kann es dadurch zu einem mehr oder weniger starken Energiedefizit mit negativen Folgen kommen. Am Bio-Institut der HBLFA Raumberg-Gumpenstein wurde  in einem Versucht geprüft, ob ein verringerte Melkhäufigkeit in den ersten Wochen - und damit ein geringerer Milchentzug - die Energiebilanz und den Stoffwechsel unterstützen kann. Weiters wurde untersucht, wie sich die Kraftfutterversorgung rund um die Geburt auf die Tiere auswirkt. Die Ergebnisse der umfangreichen Untersuchung wurden im wissenschaftlichen Journal „Livestock Science“ veröffentlicht.        Der Versuch zeigt, dass auch unter Bio-Bedingungen eine verzögerte Kraftfutterversorgung nach der Geburt keine positiven Effekt auf die Energiebilanz und den Stoffwechsel der Tiere hat. Eine Anfütterung mit Kraftfutter vor der Abkalbung erbrachte unter den geprüften Bio-Bedingungen keine positiven Effekte. Kühe brauchen jedenfalls jedoch bestes Grundfutter rund um die Abkalbung und die Kraftfuttergabe sollte nach der Abkalbung langsam steigend erfolgen. Jene Kühe, die rund um die Abkalbung (Tag -2 bis +7) die beste Grundfutter- und Gesamtfutteraufnahme zeigen, sind auch die fittesten Kühe in der weiteren Laktation. Die Untersuchung konnte weiters zeigen, dass durch einen geringeren Milchentzug zu Laktationsbeginn die Futteraufnahme nicht beeinflusst wird. Dadurch können die Energiebilanz verbessert und der Stoffwechsel entlastet werden. Auch der Brunstzyklus setzt dadurch früher ein. Die Milchleistungsdaten weisen jedoch darauf hin, dass bei nur einmaliger Melkung in der ersten Laktationswoche auch in den folgenden Laktationswochen mit Nachwirkungen in der Milchleistung gerechnet werden muss. Weiters wurde auch eine erhöhte Zellzahl bei einmaliger Melkung in den ersten drei Laktationsmonaten festgestellt, wenngleich in der Eutergesundheit keine Unterschiede beobachtet wurden. In einem weiterführenden Versuch werden die Kühe derzeit  in der Versuchsgruppe ebenfalls zweimal täglich gemolken aber der Milchentzug pro Melkung reduziert und an die Energiebilanz angepasst. Ausführliche wissenschaftliche Publikation: Steinwidder, A.,Rohrer, H., Pfister, R., Gallböck, M., Podstatzky, L., Gasteiner, J. (2021) Effects of Supplementation strategies during the transition period und milking frequency in early lactation on seasonal winter-calving organic dairy cows. Livestock Sciene 250; https://doi.org/10.1016/j.livsci.2021.104595 Zusammenfassung der Ergebnisse: {rsfiles path="Allgemein/Biologische_Landwirtschaft_und_Biodiversitaet_der_Nutztiere/40__2021_transitversuch.pdf"} Link zur wissenschaftlichen Publikation der Ergebnisse (frei verfügbar bis 25. August 2021): https://doi.org/10.1016/j.livsci.2021.104595  

Wie wird die Aufwuchshöhe des Weidefutters gemessen?

Die Pflanzenhöhe wird entweder mit dem Zollstab oder mit speziellen Aufwuchshöhenmessgeräten durch wiederholte und zufällige Messungen (zumindest 50 pro Termin) erfasst. Für die Praxis kann die Zollstabmethode in Kombination mit einem Plastikdeckel empfohlen werden. Dieses Verfahren wurde an der LfL in Bayern für Praxisbetriebe entwickelt. Dabei wird in einen Plastikkübeldeckel (Durchmesser ca. 30 cm) ein ca. 3-4 cm großes Loch geschnitten. Dieser Deckel wird dann bei der Messung zufällig vor den Füßen auf den Boden abgelegt. Die Grasaufwuchshöhe wird dann durch das Loch im Deckel (Distanz Boden zu Kübeldeckel) gemessen. Dazu kann man sich auch ein bequemes Aufwuchshöhenmessgerät selbst basteln. Ein direkter Vergleich der mit den unterschiedlichen Methoden ermittelten Ergebnisse ist nicht möglich. Beispielsweise liegen die mit dem Aufwuchshöhenmessgerät (durch den Druck der schweren Platte je nach Pflanzenbestand und Bestandesdichte) ermittelten Werte bei 50–70 % der einfachen Zollstabmethode. {rsfiles path="Allgemein/Biologische_Landwirtschaft_und_Biodiversitaet_der_Nutztiere/41_2011_messung_beispiel.pdf"} {rsfiles path="Allgemein/Biologische_Landwirtschaft_und_Biodiversitaet_der_Nutztiere/41_2011_aufwuchshoehenmessblatt_neu.pdf"} {rsfiles path="Allgemein/Biologische_Landwirtschaft_und_Biodiversitaet_der_Nutztiere/41_2012_selbstbauanleitung_fuer_aufwuchshoehenmessgert.pdf"}

Wie werden Übersaaten auf Dauerweiden gemacht?

Wird damit begonnen Wiese in Dauerweiden umzuwandeln entstehen im Pflanzenbestand Lücken, da typische Wiesengräser der Beweidung nicht standhalten. Sind nicht ausreichend weidetolerante Pflanzen vorhanden können diese Lücken von unerwünschten Gräsern und Kräutern besiedelt werden. Diese Entwicklung führt in weiterer Folge zu einer Verringerung des Mengen- und Qualitätsertrages auf der Fläche. Dabei ist nicht die intensive Beweidung an diesem Zustand schuld, sondern das Fehlen geeigneter Weide-Pflanzen. In der Umstellungsphase von einer Mähwiese zu einer Dauerweide bzw. bei der Sanierung bestehender Dauerweiden ist es ratsam begleitende Übersaaten zu tätigen, die den Bestand in eine gewünschte Richtung lenken und somit optimale Erträge und Qualitäten garantieren. Übersaaten auf Weiden sind einfach durchzuführen und benötigen einen geringen Maschineneinsatz. Eine Voraussetzung dafür ist, dass der Bestand sehr gut abgefressen und ausreichend offener Boden sichtbar ist. Die Grassamen müssen auf den Boden fallen damit sie keimen können. Entscheidend für eine funktionierende Übersaat ist die Wahl des richtigen Saatgutes. Das bedeutendste Weidegras des mitteleuropäischen Klimaraumes ist das Wiesenrispengras. Es bildet starke unterirdische Ausläufertriebe und trägt maßgeblich am Aufbau einer stabilen und dichten Grasnarbe bei. Da in erster Linie dieses Gras gefördert werden soll ist es ratsam für die Übersaat nur Wiesenrispengrassaatgut zu verwenden.Geeignete Wiesenrispengras-Sorten sind LATO, RHENUS, NIXE, LIKOLLO, ADAM 1 oder BALIN (Achtung! Bio-Betriebe müssen bei Verwendung von konv. Gräser-Einzelkomponenten vor der Saat ein Ansuchen bei der Kontrollstelle stellen. Die Ausbringung des Saatgutes darf erst nach der Genehmigung erfolgen.). Soll ein rascher Erfolg eintreten empfiehlt es sich 2-3 Übersaaten in einem und gegebenenfalls in einem weiteren Jahr durchzuführen. Pro Übersaat werden je nach Lückigkeit 5-10 kg Saatgut pro ha benötigt. Auf sehr günstigen Standorten (z.B. Alpenvorland) kann 2-4 kg/ha Englisches Raygras (Sorten GURU oder IVANA) dazu gegeben werden. Eine zusätzliche Saat von Weißklee ist meist nicht notwendig, da dieser mittels des oberirdischen Kriechtriebes auf der Dauerweide stark zunimmt. Möchten Betriebe fertige Übersaatmischungen verwenden so werden im Handel intensiv Weidemischungen angeboten, die nur aus den Komponenten Wiesenrispengras, Englisches Raygras und wahlweise Weißklee bestehen.Die Übersaat funktioniert am einfachsten mit einem Feinsämereienstreuer. Das Wiesenrispengras ist ein Lichtkeimer und darf nicht in die Erde abgelegt werden. Beim Englischen Raygras ist die Ablagetiefe weniger bedeutend. Entscheidend für den Anwuchserfolg ist die oberflächliche Ablage des Saatgutes und ein guter Bodenschluss zur Keimung. Dafür bestoßen die Tiere unmittelbar nach der Saat die übersäte Weidefläche und pressen so mit den Klauen die Samen an den Boden. Die Eingesäte Fläche kann ruhig weiter beweidet werden. Dabei wird der vorhandene Pflanzenbestand kurz gehalten und die Konkurrenz für die heranwachsenden Keimlinge minimiert. Die Schäden durch die Weidetiere an den Keimlingen halten sich in Grenzen, da die Jungpflanzen längere Zeit außerhalb der Bisshöhe liegen und tolerant auf den Tritt reagieren.Günstige Übersaatzeitpunkte sind regional unterschiedlich. Entscheidend sind regelmäßige Niederschläge nach der Saat. Die letzten Übersaaten sollten Ende August bzw. Anfang September (in Gunstlagen) gemacht werden. Bei späteren Saaten ist der Entwicklungszeitraum bis zum eintretenden Winter zu kurz. Untersuchungsergebnisse: Im Rahmen einer Weideuntersuchung wurde der Erfolg einer Übersaat mit Wiesenrispengras auf einer Kurzrasenweide getestet. Dafür wurde eine Fläche mit Jungvieh in den Jahren 2008 und 2009 beweidet. 2008 wurden zu 3 Terminen Übersaaten mit Wiesenrispengras der Sorte BALIN durchgeführt und pro Termin 10 kg/ha Saatgut verwendet. Jeweils im Frühling (2008, 2009 und 2010) wurden die Parzellen bonitiert und der Pflanzenbestand prozentmäßig erhoben. Dabei konnte ein deutlicher Effekt der Übersaat festgestellt werden. In der Variante mit Übersaat erreichte das Wiesenrispengras 27 % und war damit um 10 % höher als in der Variante ohne Übersaat. Wie in den beiden Abbildungen erkennbar, kam es nicht nur beim Wiesenrispengras zu einer Veränderung sondern auch bei anderen Arten. Diese Änderung im Pflanzenbestand rührt daher, dass für diesen Versuch eine vorher als Schnittwiese genutzte Fläche beweidet wurde. Abbildung 1: Weidevariante mit Wiesenrispengras-Übersaat Abbildung 2: Weidevariante ohne Wiesenrispengras-Übersaat

Wie schaut die Qualität des Weidefutters aus?

Für die Fütterung ist neben dem Mengenertrag eines Grünlandsystems vor allem die Futterqualität entscheidend. Eiweiß und Energie sind maßgeblich für die Leistung der Nutztiere verantwortlich. Der Pflanzenbestand und die geringe Aufwuchshöhe beeinflussen die Futterqualität auf Dauerweiden. Die Datengrundlage hierzu ist sehr gering und wenn dann nur für klimatisch begünstigte Standorte vorhanden.Untersuchungsergebnisse: Das Futter auf der Kurzrasenweide erreichte bis zum 1. Schnitt Energiegehalte, die um 7 MJ NEL/kg TM lagen. Diese Energiekonzentration wurde in einem über drei Jahre laufenden Versuch festgestellt. Im weiteren Verlauf pendelte sich die Energiekonzentration konstant zwischen 6,3 und 6,5 MJ NEL/kg TM ein. Dadurch zeigt sich, dass das Weidefutter eine relativ konstante Qualität aufweist. Diese hohen Energiekonzentrationen konnten auch in anderen Weideversuchen in Europa gemessen werden. Interessant ist hier die Tatsache, dass im rauen Klima der Ostalpen zwar die Wachstumszeit kürzer und die Mengenerträge geringer sind aber die Inhaltsstoffe jene Werte der Grünlandgunstorte erreichen.Auch die Rohproteingehalte waren während der gesamten Weideperiode sehr hoch. So schwankte der Rohproteingehalt im Futter von der Kurzrasenweide zwischen 18 und 23 %. Den Haupteinfluss auf diese hohen Werte hatte der Weißkleeanteil in der Kurzrasenweide.Meistens wird mit der geringen Aufwuchshöhe auf Kurzrasenweiden ein tiefer Rohfasergehalt verbunden. In der vorliegenden Untersuchung wurden bei der Kurzrasenweidenutzung Rohfasergehalte zwischen 19 und 24 % gemessen. Obwohl das Weidefutter sehr kurz ist hat es damit genügend Rohfaser um eine wiederkäuergemäße Fütterung zu gewährleisten. Es ist jedoch zu beachten, dass hohe Weidefutteranteile an der Ration, die diese Qualitäten aufweisen, keine große Kraftfutterergänzung möglich machen.Bei einer weiteren Untersuchung wurden mehrere Grünlandnutzungsformen miteinander verglichen. Dabei zeigten die als Kurzrasenweide genutzten Varianten sowohl die höchsten Energie- als auch die höchsten Rohproteingehalte. Abbildung 1: Energiegehalte im Jahresverlauf bei 4 unterschiedlichen Grünlandnutzungen Abbildung 2: Rohproteingehalte im Jahresverlauf bei 4 unterschiedlichen Grünlandnutzungen

Wie erfolgt die Düngung auf Dauerweideflächen?

Das Düngen von Weideflächen ist eine sehr wichtige Maßnahme, da über das Weidefutter sehr viele Stoffe entzogen werden und somit eine hohe Umsetzungsrate im Boden und in den Pflanzen herrscht.