Nach der Schilderung des Fundes durch die Besitzerin, wurden die Weide und der Zaun auf Spuren des möglichen Täters abgesucht. An einer Stelle im weichen Boden konnte ein Pfotenabdruck gefunden und vermessen werden. Die Verletzungen der Schafe kann nur ein Tier mit einem starken Gebiss verursacht haben. Die Löcher im Fell der Schafe zeigten ein Abstand von 6 cm, alle diese Indizien weisen auf einen Wolf hin. Eine Bestätigung durch die DNA Proben, die durch den Amtstierarzt Wilfried Laubichler genommen wurden, stehen noch aus.
Das verletzte Lamm wurde an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein notgeschlachtet, dass verbliebenen Lamm, die Herde bestand nur aus den zwei Mutterschafen mit ihren Lämmern, wurde an einen anderen Schafzüchter weitergegeben. Mag der ökonomische Schaden auch gering sein, für die Besitzerin bedeutet das Ereignis das Ende ihrer Aktivitäten aus Schafhalterin.
Vor Ort waren keine weiteren Arbeiten des Notfallteams nötig. Alle tierhaltenden Betriebe im Umfeld wurden angehalten ihre Herden in der nächsten Zeit zu schützen. Ob der Wolf weiterzieht oder sich eine Zeit bei uns aufhalten wird, ist ungewiss. Alle Betroffenen, Landwirte, Jäger und Erholungssuchende sind aufgerufen, Hinweise bitte bei den Amtstierärzten oder der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden.
Wo kommen die Wölfe her?
Nachweise Wölfe im Alpenraum 2021/22 (Quelle: Projekt LIFE Wolfsalps EU)
Mit dem gesetzlichen Schutz hat sich der Wolfsbestand mit einem jährlichen Zuwachs von ca. 30% (Daten aus Deutschland) in Europa gut entwickelt. Die Verbreitungskarten unserer Nachbarländer zeigen, dass die Wolfrudel immer näher an die Grenzen zu Österreich kommen. Mit unseren derzeit sieben Rudeln in Österreich, die auch Nachwuchs produzieren, werden es jährlich mehr. Die einjährigen oder zweijährigen Jungtiere verlassen ihre Rudel um sich auf Partnersuche zu begeben. Dabei nutzen sie oftmals die menschliche Infrastruktur und ziehen neben den Straßen oder Eisenbahnlinien. Wie weit ein Wolf ziehen kann, zeigte der in der Schweiz besenderte Wolf mit fast 2000 km, von Graubünden bis in der Nähe von Budapest.
Wo kann der Wolf leben?
Der Wolf ist sehr anpassungsfähig, was seinem Lebensraum und seine Beute betrifft. Lebensraum findet er fast überall, nur für die Jungenaufzucht benötigt er einen ungestörten Platz. In Österreich bilden sowohl ungeschützte landwirtschaftliche Nutztiere, als auch das Schalenwild die bevorzugte Beute. Beides ist in ausreichender Menge vorhanden. Als effizienter Jäger bevorzugt der Wolf im Augenblick der Jagd leichter zu erlegende Tiere. Schafe sind besonders oft betroffen, weil sie eine geeignete Größe haben und kein Abwehr- bzw. Fluchtverhalten zeigen. Ungeachtet der grundsätzlichen Fragestellung zur Bewirtschaftung des Wolfes in Österreich bleibt tierhaltenden Personen derzeit nichts anderes übrig, als ihre Herde durch proaktive Maßnahmen zu schützen.
Schutz der Nutztiere im Siedlungsraum durch Elektrozäune
Als wolfsabwehrender Zaun gelten Elektrozäune mit einer Mindestspannung von 3500 Volt. Es darf keine Möglichkeit für den Wolf geben unter oder durch den Zaun zu schlüpfen. Deshalb sollte ein elektrifiziertes Netz oder 4 Litzen/Drähte mit einem Bodenabstand von 20, 40, 60, 90 cm eingesetzt werden. Die Herausforderung ist der Bodenabstand von 20 cm, um ein Unterschlupfen oder Untergraben des Zaunes zuverhindern. Zusätzlich ist der Bewuchs zu beachten, wird dieser zu stark, leitet er sehr viel Strom ab und die Spannung fällt unter 3500 Volt. Deshalb sollten stärkere Weidzaungeräte verwendet werden, die eine Ausgangsleistung von mindestens 4 Joule leisten. In der Praxis sehen wir oftmals den Fehler, dass starke Geräte nicht ausreichend geerdet werden. Eine Faustregel gilt: pro Joule Leistung 1 Meterstab Erdung. Das heißt bei einem 4 Joule Gerät 4 Erdstäbe aus einem nichtrostenden Material in einem Abstand von 3 Metern zueinander montieren. Wie ein Herdenschutzzaun gebaut sein sollte und welche Fehlerquellen es gibt, kann in der Broschüre Technischer Herdenschutz vom Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs nachgelesen werden. Link: OeZ_Herdenschutzbroschuere.pdf (baer-wolf-luchs.at)
Herdenschutzzäune sollten dort errichtet werden, wo es verhältnismäßig ist. Das können z. B. Flächen in der Nähe der Hofstelle sein. Ganze Almen einzuzäunen ist neben der finanziellen und arbeitstechnischen Belastung nicht sinnvoll. Die gelenkte Weideführung kann dieses Problem auf geeigneten Almen bei allerdings hohem Aufwand zumindest lösen
Autor: Huber Reinhard, Abt. Schafe und Ziegen HBLFA Raumberg-Gumpenstein