Forschungsprojekte

Kurzrasenweide – die Höhe entscheidet

Steinwidder Andreas, Priv. Doz. Dr.

Priv. Doz. Dr. Andreas Steinwidder

Leitung Forschung & Innovation

Die Kurzrasenweide hat sich in den letzten Jahren in den Weidegunstlagen deutlich verbreitet. Es wird über die gesamte Vegetationsperiode mit gezieltem Weidedruck gearbeitet. „Das Futter muss den Rindern in das Maul wachsen.“ Wenn eine Weide-Ruhezeit vorliegt, dann dauert diese üblicherweise nicht länger als eine Woche. Betriebe, die keine große zusammenhängende Weidefläche haben können auch zwischen Weideflächen rotieren. Kurzrasenweideprofis messen die Weide-Aufwuchshöhe einmal wöchentlich und passen die Flächengröße an die Wuchshöhe an.

Abb: HBLFA Raumberg-Gumpenstein/Steinwidder

Abb1: Bei Kurzrasenweide gibt die Aufwuchshöhe des Pflanzenbestands Auskunft darüber ob die Nutzungsintensität stimmt.

Effekte der Aufwuchshöhe?

Da in Weideversuchen ein negativer Zusammenhang zwischen Einzeltier- und Flächenleistung festgestellt wurde, sollte diesbezüglich erstmals in Österreich der Effekt der Kurzrasenweide-Aufwuchshöhe bei saisonaler Vollweidehaltung untersucht werden. Es wurde dazu in den Jahren 2018 und 2019 jeweils ein eigenständiger Weideversuch auf dem biologisch bewirtschafteten Versuchsstandort des Bio-Instituts in Trautenfels angelegt. Die Ergebnisse daraus liegen jetzt vor und wurden bereits wissenschaftlich publiziert (Steinwidder et al. 2020).

Bild: HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Höhen „kurz, mittel oder lang“

In Versuch 1 (2018) wurden die Aufwuchshöhen-Gruppen „kurz“ und „mittel“ und in Versuch 2 (2019) die Gruppe „mittel“ und „lang“ mit 18 bzw. 15 Milchkühen geprüft. Die in den zwei Versuchen durchschnittlichen Wuchshöhen lagen in Versuch 1 in Gruppe „kurz“ bei 5,5 cm (±0,50) und in Gruppe „mittel“ bei 6,4 cm (±0,51), in Versuch 2 in Gruppe „mittel“ bei 6,0 cm (±0,91) und „lang“ bei 7,3 cm (±0,67). Die zwei Weideversuche starteten am 18. April 2018 bzw. 19. April 2019, die Weidetiere wurden zweimal täglich im Melkstand des Versuchsstalls gemolken und erhielten danach am Futtertisch etwas Kraftfutter (1,4 kg TM/Tier u. Tag) sowie eine Mineralstoffergänzung. Das Weidefutter wies eine hohe Qualität auf, der Energiegehalt lag im Mittel im Bereich von 6,4 bis 6,6 MJ NEL und der Rohproteingehalt bei 21 bis 22 %. Zwischen den Aufwuchshöhengruppen wurden innerhalb des jeweiligen Versuchs nur geringe Unterschiede im Nährstoffgehalt ermittelt.

Einzeltier kontra Flächenleistung

Hinsichtlich Einzeltier-Milchleistung wurden in beiden Versuchen signifikante Effekte der Aufwuchshöhe festgestellt, bei etwa 7 cm Wuchshöhe zeigte sich ein Maximum in der Einzeltier-Milchleistung. Auch die Energieaufnahme aus dem Weidefutter stieg pro Kuh und Tag mit zunehmender Wuchshöhe an. Demgegenüber gingen die Milch-Flächenleistung und die errechnete Weide-Nettoenergie-Flächenleistung bei steigender Wuchshöhe zurück. Der tägliche Futterzuwachs wurde dann nicht mehr vollständig genutzt. Zu Weidebeginn wurde bei 5,5 cm Aufwuchshöhe eine ECM-Flächenleistung von 132 kg und bei 7,5 cm eine ECM-Flächenleistung von 102 kg ECM/ha und Tag ermittelt. Nach zwei Weidemonaten, wo die Einzeltier- und Flächenleistungen auf niedrigerem Niveau lagen, waren die Aufwuchshöhen-Effekte auf die Flächenleistung absolut gesehen weniger stark ausgeprägt.

Fotoquelle: HBLFA Raumberg-Gumpenstein

Wertvolle Ergebnisse

• Der Versuch zeigt, dass Kurzrasen-Betriebe welche die Einzeltierleistung maximieren – speziell zu Weidebeginn – mit einem Rückgang der Flächenleistung rechnen müssen.

• Um eine starke energetische Unterversorgung, einen deutlichen Milchleistungsabfall pro Kuh sowie negative Auswirkungen auf die Tiere und den Pflanzenbestand zu vermeiden, sind bei Vollweidehaltung trotzdem zu geringe Wuchshöhen als nicht günstig einzustufen.
• Auch über die Ergänzungsfütterung sowie die züchterische Auswahl der Kuhtypen können Weidebetriebe die Einzeltier- und Flächenleistung beeinflussen.

• In der Weideführung braucht es auch bei Kurzrasenweide Maßnahmen, die eine effiziente und gleichmäßige Weidepflanzennutzung unterstützen. Dazu zählen passende Weidepflanzenbestände, eine gezieltere Kuhherdenführung (Zwischenkoppelungen etc.), bei Be

darf Weidepflegemaßnahmen oder die Umsetzung von „Leader-Follower“-Weidestrategien.

Wissenschaftliche Arbeit:

Steinwidder, A.1, W. Starz1, H. Rohrer1, R. Pfister1, J. Häusler2, G. Huber3 und C. Fasching3 (2020): Einfluss der Aufwuchshöhe bei Kurzrasenweide auf die Einzeltier- und Flächenleistung von Milchkühen. Züchtungskunde 92, 172–191.
1 Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft HBLFA Raumberg-Gumpenstein, Institut für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere, Trautenfels 15, A-8951 Stainach-Pürgg. E-Mail: andreas.steinwidder@raumberg-gumpenstein;
2 Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft HBLFA Raumberg-Gumpenstein, Institut für Nutztierforschung, Raumberg 38, A-8952 Irdning-Donnersbachtal
3 Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft HBLFA Raumberg-Gumpenstein, Institut für Tier, Technik und Umwelt, Raumberg 38, A-8952 Irdning-Donnersbachtal

Kuh auf Kurzrasenweide

Kuh auf Kurzrasenweide

 HBLFA Raumberg-Gumpenstein