Neue Sensortechniken ermöglichen auch bei Weidehaltung eine valide Liegedatenerfassung. Das Liegeverhalten von Milchkühen beeinflusst das Tierwohl, die Tiergesundheit und Leistungsbereitschaft sowie die Wirtschaftlichkeit. Im Vergleich zur Stall- können bei Weidehaltung die Liegezeiten verschoben bzw. die tägliche Liegedauer eingeschränkt sein. Am Bio-Institut der HBLFA Raumberg-Gumpenstein wurden Veränderungen des zeitlichen Liegeverhaltens von Milchkühen, bei der Umstellung von der Stallhaltung („Stall“) auf die Weidehaltung („Weideumstellung“) sowie bei anschließender Kurzrasen-Vollweidehaltung („Vollweide“) bei unterschiedlichen Weide-Aufwuchshöhen (AWH), in zwei Versuchen (2018 bzw. 2019) untersucht.
So wurde gemessen
In der Stall- bzw. Weideumstellungsphase wurden im Frühling 2018 (Versuch 1) bzw. 2019 (Versuch 2) laktierende Milchkühe jeweils gemeinsam gehalten und einheitlich gefüttert. Das Liegeverhalten wurde in der Stallperiode (Laufstall) an den letzten 9 Tagen vor Weidebeginn erhoben. Die anschließende Weideumstellungsperiode umfasste die ersten 9 (Versuch 1) bzw. 13 Weidetage (Versuch 2), wo die Tiere auf Kurzrasen-Vollweidehaltung umgestellt wurden. Am Ende der Weideumstellungsperiode wurden die Kühe gleichmäßig auf zwei Gruppen aufgeteilt, um in der anschließenden Vollweideperiode die Effekte unterschiedlicher Weide-Aufwuchshöhen (AWH) prüfen zu können. Die Kurzrasen-AWH wurde mit dem Rising Plate Pasture Meter erfasst. In Versuch 1 wurde das Liegeverhalten in den AWH-Vollweidegruppen „kurz“ (5,4 cm ±0,15) und „mittel“ (6,6 cm ±0,13) und in Versuch 2 in den AWH-Gruppe „mittel“ (6,1 cm ±0,87) und „lang“ (7,6 cm ±0,95) erfasst. In der Vollweideperiode wurde zusätzlich zur Weide als Lockfutter nur 1,4 kg TM Kraftfutter pro Tier und Tag ergänzt, die Milchleistung lag signifikant tiefer als in der Stallperiode. In Versuch 1 umfasste der Liegedatensatz individuelle Tagesdatensätze für die 8., 10. und 11. Vollweidewoche und in Versuch 2 für die 4., 5., 6., 8. und 12. Vollweidewoche. Die Liegeparameter wurden mit dem HOBO Pendant G Daten Logger bei einem Messintervall von 30 Sekunden (s) erfasst und im Anschluss mit einem gemischten Modell ausgewertet.
Liegedauer variierte
In beiden Versuchen wurde bei Stallhaltung die längste und bei Vollweidehaltung die kürzeste tägliche Liegedauer festgestellt. In Versuch 1 ging diese von 11,4 Stunden/Tag in der Stall- auf 10,2 Stunden in der Weideumstellungs- sowie 7,2 bzw. 8,1 Stunden pro Tag in der Vollweideperiode in den AWH-Gruppen „kurz“ bzw. „mittel“ zurück. In Versuch 2 betrug die tägliche Liegedauer in der Stallperiode 11,1 Stunden, bei Weideumstellung 9,7 Stunden sowie in den Vollweide-Erhebungswochen 8,5 (AWH-Gruppe „mittel“) bzw. 9,0 Stunden (AWH-Gruppe „lang“). Die Liegedauer je Liegeperiode (73–87 Minuten/ Periode) variierte nicht signifikant zwischen den Erhebungsperioden bzw. AWHGruppen, die Vollweidetiere schränkten jedoch die Liegeperiodenanzahlen ein. Im Vergleich zu Literaturangeben sind die in der vorliegenden Arbeit bei niedriger AWH festgestellten täglichen Liegezeiten als gering einzustufen.
Obwohl aus den vorliegenden Daten noch keine Rückschlüsse auf eingeschränktes Tierwohl gezogen werden können, sollten im Tier- und Weidemanagement Maßnahmen angewandt werden, welche den Milchkühen ausreichend Zeit zum Liegen ermöglichen. Dazu zählen geringe Warte- und Stehzeiten, möglichst kurze Weide-Wegstrecken, eine hohe Weidefutterdichte, Schmackhaftigkeit und Aufwuchshöhe, weideangepasste Einzeltier-Milchleistungen sowie bei Bedarf eine leistungsangepasste Ergänzungsfütterung.
Scientific Article:
Fasching, C., A. Steinwidder, M. Astl, G. Huber, H. Rohrer, R. Pfister und W. Starz (2020): Veränderungen im zeitlichen Liegeverhalten von Milchkühen bei Stall- und Kurzrasen-Vollweidehaltung. Züchtungskunde, 92, (5) S. 302–319, 2020, ISSN 0044-5401 © Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart